Schlangenbeschwörung

Gäbe es ein Paarungsritual von Schlangen, könnte das aussehen wie der Vorschlag zum Grazer U-Bahnnetz. Die Leitidee – ein möglichst großes Stadtgebiet durch möglichst viele, teilweise knapp nebeneinanderliegende Stationen zu erschließen – konterkariert sich selbst: berücksichtigt man die Zu- und Abgangszeiten bei den Stationen, dürfte ein Straßenbahn- und Bussystem besser erreichbar sein. Dazu kommt ein operativer Denkfehler: Graz muss kurz- und mittelfristig den öffentlichen Verkehr und den Radverkehr fördern, eine U-Bahn kommt da zu spät.

Erich Edegger hat in den 1980-iger Jahren eine zukunftsweisende Verkehrspolitik eingeleitet, etwa mit der Strategie zur „sanften Mobilität“ und der „Grazer integrierten Verkehrsentwicklung (GIVE, 1995)“. In diesem Konzept ist von einer „laufenden und entschlossenen Attraktivierung des Straßenbahn- und Busnetzes“ die Rede. Was davon ist zwischenzeitlich passiert? Der Weg einer konsequenten Verkehrspolitik wurde also irgendwann verlassen, Graz wurde vom Vorreiter zum Nachzügler einer zukunftsweisenden Mobilität.

Also: eine U-Bahn kann eine konsequente Verkehrspolitik nicht ersetzen!

Wien, März 2021
Werner Rosinak